Stadler produziert für die Mobilitätswende auf der Schiene
Landrat vor Ort: Alexander Tönnies besucht das Servicezentrum der Stadler Rail Group in Velten / Schienenfahrzeugbauer expandiert bis 2027 nach Hennigsdorf
Oberhavels Wirtschaft ist vielfältig. Alexander Tönnies trifft die Menschen hinter den Kulissen der Unternehmen regelmäßig auf seinen „Landrat vor Ort“-Touren. Die jüngste führte ihn ins Servicezentrum des Schweizer Schienenfahrzeugbauers Stadler in Velten, Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner hat ihn dabei begleitet. „Stadler ist Innovationstreiber in Sachen nachhaltige Mobilität. Die Entwicklung des Unternehmens ist beeindruckend“, sagte Landrat Tönnies nach dem Rundgang durch die Werkhallen in Velten. „In Deutschland haben sich die Verantwortlichen früh entschieden, keine Diesel-Züge mehr zu bauen. Das Team von Stadler findet Lösungen, wo die Strecken keine Alternativen herzugeben scheinen – eines der herausragenden Beispiele ist der RS Zero, der mit Batterie oder Wasserstoff statt mit Diesel nicht elektrifizierte Schienenstrecken bis in den Bahnhof überbrückt. Dass Stadler nach Hennigsdorf expandiert, ist ein Zeichen für die guten Bedingungen in Oberhavel und freut mich ganz besonders.“ Alexander Tönnies kennt als Aufsichtsratsmitglied der Niederbarnimer Eisenbahn AG und des VBB die Herausforderungen im Bereich Schiene im Land. Er betonte beim Besuch in Velten, wie wichtig Unternehmensentwicklungen sind, die schnelle Lösungen hin zur nachhaltigen Mobilität bieten.
Akku oder Wasserstoff – die richtige Wahl für den emissionsfreien Zugverkehr
Den weltweit ersten Batteriezug für den Fahrgastbetrieb, den FLIRT Akku, hatte Stadler vor sieben Jahren in Berlin-Pankow gebaut und in Velten getestet. 2018 war der Zug auf der Schienenfahrzeugmesse InnoTrans vorgestellt worden. Inzwischen ist Stadler Weltmarktführer für alternative Antriebe. Die Akkus des FLIRT werden auf dem elektrifizierten Teil der Strecke für die letzten Kilometer ohne Stromzufuhr geladen – so schafft es der Zug emissionsfrei bis in den Bahnhof. 15 bis 20 Minuten unter Oberleitung braucht der Akku zum Laden, 80 Kilometer kann der FLIRT so zurücklegen – plus Sicherheitsreserve.
Auf der aktuell laufenden InnoTrans präsentiert Stadler jetzt den ersten emissionsfreien Regio-Shuttle. Der RS Zero kann auf nicht elektrifizierten Nebenstrecken fahren und damit einen Beitrag zur Energiewende leisten. Stadler wolle die Verkehrsbetriebe in eine CO2-neutrale Zukunft begleiten, sagt Julia Bülow, Pressesprecherin von Stadler in Deutschland. „Der RS Zero wird mit Akku oder wahlweise mit zwei wasserstoffbetriebenen Motoren ausgeliefert. Das ist auch für Brandenburg sehr spannend.“
Ein weiteres Großprojekt von Stadler sind neue U-Bahnen für Berlin. Bis zu 1.500 Wagen entstehen, sie können langfristig die gesamte Flotte der BVG ersetzen, erklärt Julia Bülow. Deutschland ist größter Markt des Schienenfahrzeugherstellers innerhalb Europas und zweitgrößter Standort von Stadler. Am Produktionsstandort in Berlin-Pankow arbeiten rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in Velten weitere 130. Wenige Kilometer entfernt, im havelländischen Schönwalde-Glien werden Drehgestelle gefertigt. In Chemnitz ist die Entwicklungsabteilung mit rund 170 Beschäftigten angesiedelt. Weitere deutsche Standorte befinden sich in Eisenach, Braunschweig, Mannheim, Rendsburg und Herne. Stadler verkauft Züge in 49 Länder. Einer der erfolgreichsten Serien ist der FLIRT, der elektrische Triebzug für den Regional- und S-Bahn-Verkehr. Auch Lokomotiven und Doppelstockzüge produziert das Unternehmen.
15.000 Mitarbeiter arbeiten weltweit für das Stadler – an acht Produktions- und 80 Servicestandorten. Hauptsitz ist die Schweiz. Der Jahresumsatz betrug 2023 rund 3,6 Milliarden Schweizer Franken, das sind rund 3,8 Milliarden Euro.
Inbetriebnahmezentrum entsteht in Hennigsdorf
Stadler wächst weiter und errichtet ein neues Inbetriebsetzungszentrum für Schienenfahrzeuge in Oberhavel. In Velten ist das Kompetenzzentrum für die Abnahmeprüfungen und Inbetriebnahmen der Schienenfahrzeuge mit direktem Anschluss an die Teststrecke Hennigsdorf-Velten angesiedelt. „Der Standort ist aber nicht erweiterbar. Weil Stadler dringend weitere Kapazitäten benötigt, bauen wir in Hennigsdorf“, sagte Florian Harzer, zuständig für Facility Management bei Stadler. Geeignete Flächen zu finden, sei schwierig. Ein Zufall habe ihn auf das Grundstück der Fahrzeugwerke Miraustraße aufmerksam gemacht. Damit begann die Geschichte des neuen Standortes in Oberhavel. Ab 2027 soll die Inbetriebnahme der Züge aus Berlin-Pankow an der Philipp-Pforr-Straße in Hennigsdorf realisiert werden. „Stadler investiert dort zwischen 40 und 50 Millionen Euro“, so Harzer. Der Standort in Velten wird als reiner Servicestandort – einer von 80 weltweit – erhalten bleiben. Service, sagt Stadler-Sprecherin Julia Bülow, sei ein wichtiger Geschäftszweig des Unternehmens. Die Lebensdauer eines Zuges liege zwischen 30 und 40 Jahren, „mit Modernisierungen und Instandsetzungen bietet Stadler ein Rundum-Paket.“